Wie Sara Fraixedas von der Waldmandel zum großen Soldatenara kam

saraf_kleinSara Fraixedas hat im Jahre 2010 wissenschaftliche Forschungsarbeiten zur Wiederauswilderung des großen Soldatenaras in der Karibik Costa Ricas durchgeführt.
Für uns ein interessantes Thema.
So haben wir ihr sechs Fragen gestellt und Allerhand erfahren.
Übersetzt aus dem Spanischen

Du hast wissenschaftliche Arbeiten zur Wiederauswilderung des großen Soldatenaras in Costa Rica durchgeführt. Warum hast Du Dich für den großen Soldatenara entschieden und was fasziniert Dich an ihm?

Hier muss ich etwas ausholen.
Begonnen hat alles im Jahr 2010, als ich im letzten Jahr meines Bachelors für Umweltwissenschaften an der Universidad Autónoma de Barcelona (UAB) war. Damals war es notwendig ein Abschlussprojekt durchzuführen und so entschied ich zusammen mit meinen Freunden Álvaro, Albert und Anna unsere Chance zu nutzen und für dieses Projekt ins Ausland zu gehen – dies wurde auch von unserer Universität so angeboten.
Uns wurde angeboten, nach Costa Rica zu gehen. Möglich war dies dank einer Zusammenarbeit der UAB mit dem Instituto Nacional de Biodiversidad (INBio) in Santo Domingo de Heredia. Letztlich haben wir das Projekt aber im “La Ceiba” Privatreservat durchgeführt, das einen Teil des gemischten Schutzraumes Gandoca-Manzanillo in der südlichen Karibik bildet.
manzanilloZustande kam unser Projekt auch durch unseren Leiter, der die Besitzerin des Privatreservats kannte.
Wir kamen also nach Costa Rica, um eine Studie über die Samenverbreitung der Waldmandel (Dipteryx panamensis) durchzuführen. Wir hatten Kenntnisse darüber, dass diese Baumart in der Gegend oft vorkam. Erst als wir eine Vorexkursion machten und uns mit der ansässigen Bevölkerung unterhielten wurden wir auf den großen Soldatenara (ara ambiguus) aufmerksam. Der große Soldatenara gehört zur Familie der Papageien (Psittacidae) und war in der Gegend bis 2010 heimisch. Damals wurde das letzte Exemplar gesichtet. Wilderei, der Diebstahl von Küken und die Zerstörung des Habitats zählen zu den Hauptursachen für das Verschwinden dieser Art.

almendro_de_montaña
Brettwurzel einer ausgewachsenen Waldmandel (Dipteryx Panamensis)

Es war uns schnell klar, dass der großen Soldatenara und die Waldmandel eine enge Beziehung zueinander unterhalten. So sind die Samen der Waldmandel für den großen Soldatenara ein wichtiger Nahrungsbestandteil und in bis zu 90% der Fälle nistet der Papagei in diesen Bäumen.

Unter Berücksichtigung all dessen entschieden wir, dass es die perfekte Gelegenheit wäre, die Ursachen für das Verschwinden des großen Soldatenaras und die Möglichkeiten einer Wiederauswilderung im ehemaligen Siedlungsbereich, wo er ja bis vor nicht all zu langer Zeit noch ansässig war, zu untersuchen.
Zu dieser Zeit hatte praktisch noch niemand derartige Studien zur Wiederauswilderung in Costa Rica durchgeführt. Weniger noch in der südlichen Karibik Costa Ricas, weshalb diese Studie außergewöhnlich innovativ war.

Ara ambiguus
Ara ambiguus

Mit Beginn dieser Studie habe ich Gefallen an Papageien gefunden und zwar nicht nur wegen ihres majestätischen Erscheinungsbildes, sondern auch wegen anderen Aspekten wie ihrer emotionalen Intelligenz.
Später, nach der Publikation unseres wissenschaftlichen Artikels, hatte ich die Möglichkeit weitere Studien aus Südamerika über Papageien einzusehen.

In Deiner Studie wird erwähnt, dass die Wiederauswilderung des hellroten Aras (ara macao) erfolgreich war und nach zwei bis drei Jahren eine Überlebensquote von 70% gegeben war. Glaubst Du, dass Costa Rica als Land bessere legale und soziale Rahmenbedingungen hierfür schafft, insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern, in denen der große Soldatenara heimisch ist?

Costa Rica sticht schon seit vielen Jahren durch den Schutz von Umwelt und Biodiversität hervor. Sicherlich ist das wichtigste Beispiel hierfür die Einführung Zahlungen für Umweltdienstleistungen (PSA). PSA wurde 1997 gegründet und bietet privaten Grundstückseigentümern Zahlungen für den Erhalt von Wald oder Forstplantagen an.
Costa Rica wird als Land des grünen Goldes angesehen und umfasst 4,5% der weltweiten Biodiversität. 26%, also ein Viertel des Landes stehen unter Schutz.
Zudem ist das Land fortschrittlich in Bezug auf Investition in Bildung und Forschung, was zu einem nennenswerten Wissensaufbau geführt hat.
Danke der Mithilfe der Weltbank möchte Costa Rica Speerspitze des Umweltschutzes in der Region Zentralamerika werden. Die Kohlendioxidneutralität ist für 2021 geplant. Trotz allem hat Costa Rica – meiner bescheidenen Meinung nach – die Naturschutzbemühungen nicht gerecht aufgeteilt. Viel mehr wurde insbesondere der Zentralpazifik gefördert, was wiederum Probleme des Massentourismus mit sich führen wird. (Jedes Jahr kommen mehr Touristen – im letzten Jahr wuchs die Anzahl der angekommenen Touristen um 5,5%)
Anderen Landeszonen wie der südlichen Karibik werden im Gegensatz dazu von der Zentralregierung kaum Mittel zur Verfügung gestellt. Dies und die dort herrschende Armut, in welcher ein Großteil der Bevölkerung lebt, hat zu einer Welle von illegalen Baumfällungen geführt. Zahlreiche Fälle sind bei der Staatsanwaltschaft in Bribrí aktenkundig, sogar solche im gemischten Schutzraum Gandoca-Manzanillo. Die meisten bleiben folgenlos. Zur Ineffizienz des Ministeriums für Umweltschutz und Energie (MINAE) in der Region kommt zudem die Problematik der PSA, welche eher zum Fällen der Bäume als zum Baumschutz beiträgt. (Die Gewinne sind dann sehr viel größer auf Grund des existierenden Marktes für Holz.)

Ursprüngliches Siedlungsgebiet des großen Soldaten Aras in Costa Rica
Ursprüngliches Siedlungsgebiet des großen Soldaten Aras in Costa Rica

Zusammengefasst ist der Fall des großen Soldatenaras wegen der geographischen Lage seines Siedlungsraumes komplex. Es wird eine grenzüberschreitende Kooperation zwischen Costa Rica und Panama sowie die Unterstützung der kulturellen Biodiversität (Ureinwohner, Mestizen und Kreolen) benötigt.

Was sind die größten Schwierigkeiten, denen der große Soldatenara heute in Costa Rica gegenüber steht?

Ohne Zweifel ist das größte Problem die Zerstörung seines Lebensraumes durch illegales Holzfällen, was die Chancen der Nistmöglichkeiten und Ernährung verringert. Das Fällen von Bäumen führt zudem in vielen Fällen dazu, dass Aras sterben, die sich in dem Moment im Inneren des Baumes befinden. Oder sie werden mit dem Baum zu Boden gerissen.

Wenn Du unlimitierte finanzielle Mittel zur Verfügung hättest, welche Schritte würdest Du unternehmen, um den großen Soldatenara zu retten?

Ich glaube in der Region südliche Karibik müsste man eine Menge in Bildung investieren. Nur durch die Ausbildung der Bevölkerung wird diese fundamentale menschliche Werte wie den Respekt der Umwelt verinnerlichen und weitergeben. Daher ist die Bildungsförderung in der Region essentiell und sehr dringlich. Sobald die Menschen die Wichtigkeit des Umweltschutzes erkannt haben, kann man einen sanften Tourismus in den Gemeinden fördern – von und für die Bevölkerung.
Außer in Bildung müsste man in den Schutz des Lebensraumes der Region investieren. Man benötigt Parkranger und sollte dafür sorgen, dass Umweltstraftaten – ebenso wie es etwa mit Raub geschieht – auch wirklich gerichtlich verfolgt und abgeurteilt werden.

Während Deiner Untersuchungen in der Karibik Costa Ricas, was hat Dich am meisten überrascht? Womit hattest Du zu Beginn Deiner Untersuchungen am wenigsten gerechnet?

Auf der positiven Seite hat mich am meisten die große Menge an Waldmandeln (Dipteryx Panamensis) im untersuchten Bereich überrascht. Die Waldmandel ist ja ein Grundvoraussetzung für die Entwicklung einer überlebensfähigen Population von Soldatenaras.
Als negative Aspekte stechen die Ausgrenzung der Region hervor, fehlende Bildung und Gewalttaten. Das was ich am wenigsten erwartet hätte war die Durchführung einer vollständigen Studie auf sozio-ökologischem Niveau. Und dies trotz begrenzter Ressourcen. Die Arbeit war letztlich aus sehr wertvoll für Projekte zur Wiederauswilderung der Soldatenaras in Costa Rica, dazu gehört etwa “The Ara Project”. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich einen wissenschaftlichen Artikel zum Thema hätte veröffentlichen können.

Es gibt ja einige Aufzuchtstationen in Costa Rica mit einer Menge großer Soldatenaras. Warum sind wohl keine Wiederauswilderungsversuche in letzter Zeit bekannt geworden?

In den vergangenen Jahren hat es einige Fälle von Wiederauswilderung von Individuen des großen Soldatenaras in der Region Manzanillo gegeben (durchgeführt durch die Organisation “The Ara Project”).
Aber es stimmt: Diese wenigen Fälle haben kein Medienecho erfahren, obwohl der große Soldatenara eine vom Aussterben bedrohte Spezies ist. Man geht derzeit von weniger als 300 Individuen in Costa Rica aus. Die Gründe für mangelndes Medienecho sind verschieden. An erster Stelle steht – wie ich bereits erläutert habe – dass die Region Manzanillo in der südlichen Karibik eine der ärmsten ist. Zweitens ist Costa Rica auch kein Land, das durch Auswilderungen von Tieren hervorsticht. Dies vielleicht deshalb, weil es schon so eine große Biodiversität gibt und sich die Regierung damit begnügt. Eventuell mangelt es auch an wissenschaftlichem Grundlagenwissen über diesen Bereich.
Die Wiederauswilderung von Tieren ist eine komplexe Angelegenheit, die eine tiefgreifende multidiziplinäre Analyse erfordert. Es gilt hierbei, alle denkbaren Bedrohungen für die Art in Betracht zu ziehen. So weit ich weiß existieren keine vergleichbaren Studien zu jener, welche wir 2010 in Costa Rica durchgeführt haben.
Zudem benötigt man die Unterstützung der Bevölkerung, ohne welche die erfolgreiche Auswilderung einer Art nicht garantiert werden kann. Was das Rechtliche anbelangt, so weiß ich nicht, welche Genehmigungen erforderlich sind, um die Wiederauswilderung einer Art durchzuführen, aber ich habe auf jeden Fall den Eindruck, dass derartige Genehmigungen sehr selten durch die costarikanische Regierung vergeben werden.

große Soldatenaras in einer Voliere in der Aufzuchtstation "Santuario Lapas NATUWA"
große Soldatenaras in einer Voliere in der Aufzuchtstation „Santuario Lapas NATUWA“

Abschließend möchte ich anmerken, dass es sicherlich zahlreiche Aufzuchtstationen gibt, wo neben anderen Papageienarten auch der große Soldatenara gezüchtet wird. Zudem gibt es viele Individuen, die ausgewildert werden könnten – nach Möglichkeit mit einer hohen genetischen Diversität, um die Gefahr einer Endogamie zu verringern.
Nichtsdestotrotz ist ein Auswilderungsprozess sehr langsam, denn die aus Gefangenschaft stammenden Individuen müssen lernen, sich selbst zu ernähren und müssen lernen, wie man die Früchte der Waldmandel (Dipteryx panamensis) öffnet.

Vielen Dank für das Interview, Sara!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert